Die Medienwelt ist im Wandel. Wirtschaftliche und politische Krisen, Fachkräftemangel auch im Journalismus, steigende Kosten bei Druck und Vertrieb von Printprodukten sowie ein stark verändertes Nutzungsverhalten beschleunigen die Digitalisierung. Statt einer Spezialisierung auf Verbreitungskanäle und Themen wird von den Journalisten das synchrone crossmediale Ausspielen einer breiten Themenpalette erwartet. Zeitdruck, Quotendruck und hohe Flexibilität bestimmen den Arbeitsalltag. Wie können PR-Agenturen und Pressestellen in diesem agilen System den richtigen Ansprechpartner finden? Und was benötigen Journalisten, um die Anliegen der PR-Profis für ihre Ausspielkanäle umzusetzen?
Auch bei der Funke Mediengruppe gilt inzwischen: digital first! Das bedeutet: Redaktionen haben täglich mehrere Deadlines und benötigen vielfältiges Material für verschiedene Kanäle und unterschiedliche Zielgruppen. Die erfahrene Redakteurin Andrea Rosenthal gab bei diesem PR-Impuls Einblicke in die aktuellen Anforderungen an die Redaktionen und einen Überblick zu den Erwartungen und Wünschen von Journalisten an die Pressearbeit von PR-Profis. Im Vorfeld des Webinars hatte sie einige Kollegen bei Funke mediengattungsübergreifend befragt, was diese sich für die Kooperation mit PR-Professionals wünschen und welche Fehler aus deren Sicht gemacht werden. Ziel war, PR-Fachleuten aus Pressestellen und Agenturen zu vermitteln, wie sie – auch angesichts der digitalen Transformation – mit ihrer Arbeit Journalisten besser unterstützen und Veröffentlichungen erzielen können.
Die gute Nachricht zuerst: PR und Redaktion sind voneinander abhängig – es ist ein Geben und Nehmen. Ohne den einen ist der andere nichts.
Trotzdem werden Journalisten geflutet mit irrelevanten Vorschlägen, von denen fast 80 Prozent keine Beachtung finden.
Häufige Fehler von PR-Profis aus Sicht der Journalisten:
- Ungezielte Massenkommunikation:
Ein zentraler Kritikpunkt ist die fehlende Zielgenauigkeit vieler Pressemitteilungen. Journalisten erhalten oft unpassende Informationen, die nichts mit ihrem Medium oder Themengebiet zu tun haben. Relevanz hat oberste Priorität. - Unangemessene Vorlaufzeiten:
Häufig fehlen den Journalisten ausreichende Vorlaufzeiten, um Informationen sinnvoll in ihre Veröffentlichungen zu integrieren. Manchmal fallen interessante Themen unter den Tisch, nur weil die Zeit nicht reicht, was auch die Redaktion bedauerlich findet. - Unnötige Nachfragen:
Wiederholte Nachfragen, ob und wann eine Pressemitteilung verwendet wird, führen eher zu Frustration und Zeitverschwendung. Ein solcher Ansatz ist kontraproduktiv. - Unvollständige oder schlecht strukturierte Informationen:
Pressemitteilungen, in denen wesentliche Informationen fehlen (z.B. vollständige Namen oder Bildmaterial) oder die schlecht strukturiert sind, gelten als großer Zeitfresser. Auch lange Texte ohne klare Gliederung sowie der Zwang, Anhänge zu öffnen, um die relevanten Informationen zu finden, sind ärgerlich. - Schlecht geschriebene Texte:
Zu langatmige, zu werblich formulierte oder fachlich überladene Texte sind hinderlich. Auch gegenderte Texte oder solche, die in der Ich-/Wir-Form verfasst sind, stoßen auf Ablehnung. - Schlechte Erreichbarkeit von Ansprechpartnern:
Die mangelnde Verfügbarkeit von PR-Verantwortlichen bei Rückfragen ist ein Problem – schnelle Kommunikation ist essenziell, besonders unter dem zunehmenden Zeitdruck in den Redaktionen.
Redakteure bitten um Verständis dafür, wie wenig Zeit sie haben. Professionelles Zuarbeiten und schnelle Reaktion hilft.
Was PR-Profis besser machen können, um Journalisten zu unterstützen:
- Zielgruppenspezifische Ansprache:
Journalisten wünschen sich, dass PR-Profis die Bedürfnisse des jeweiligen Mediums und seiner Zielgruppe sowie den sprachlichen Stil kennen. Massenkommunikation ist wenig hilfreich; individuelle und passgenaue Ansprache wird bevorzugt. - Aktualisierte Presseverteiler und redaktion@Adressen:
Presseverteiler sollten mindestens einmal im Jahr aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass die richtigen Ansprechpartner erreicht werden. Auch sollte der Weg, sich aus einem Verteiler abzumelden, unkompliziert sein. Keine Angst vor redaktion@Adressen: Der Einwand, dass immer weniger personalisierte E-Mail-Adressen zur Verfügung gestellt werden, ist für Andrea Rosenthal zwar verständlich, die Praxis zeigt aber, dass die allgemeinen Postfächer akribisch gelesen werden und jeder Redakteur im Dienst die passenden Mails erhält, um damit zu arbeiten. Andernfalls versumpfen wichtige Nachrichten in persönlichen Postfächern, die nicht gelesen werden, weil der Redakteur nicht da ist. - Weniger Werbung, mehr Substanz:
Statt platte PR-Botschaften zu verbreiten, sollten PR-Profis sich auf Fakten konzentrieren und Geschichten erzählen, die für Journalisten und deren Leser wirklich relevant sind. - Klare und verständliche Texte:
Flüssig geschriebene, prägnante Texte, die leicht verständlich sind, werden besonders geschätzt. Fachbegriffe sollten erklärt werden, und unnötige Adjektive sind zu vermeiden - Fotos und Zusatzmaterial bereitstellen:
Pressemitteilungen sollten von Anfang an mit allen relevanten Materialien (Fotos, Grafiken etc.) versehen sein. Wichtige Informationen müssen direkt in der E-Mail oder dem Betreff stehen – Zeitfresser, wie das Öffnen von Anhängen, sollten vermieden werden. Wenn Anhänge, dann im PDF-Format, Word-Dateien verändern sich schon mal durch das Mailen. Bilder können gern in hoher Auflösung per Link in Mails integriert werden. Auch der Verweis auf Website-Mediatheken ist ok. Aussagekräftige Bildunterschriften sind wichtig! - In Zeiten multimedialer Ausspielung werden gern auch Videos oder Audio-Botschaften angenommen
- Schnelle Reaktion auf Presseanfragen:
Da Redakteure unter starkem Zeitdruck arbeiten, ist es wichtig, dass PR-Profis schnell auf Anfragen reagieren. Pressemitteilungen sollten bereits gut redigiert sein und alle relevanten Informationen enthalten. - Events und Besuche:
Für Pressekonferenzen oder -gespräche ist nicht mehr viel Zeit. Daher macht es Sinn, auf hybride oder digitale Events zu setzen, um Reisezeit zu sparen. Der direkte Weg zur Redaktion per Telefon und Besuch wird trotz Zeitdruck gern gesehen, denn er hilft, die Zusammenarbeit effizient „einzunorden“: beide Seiten erfahren so, was der andere erwartet, um passgenau zu kommunizieren. - Erinnerungen an Pressetermine per Mail am Vortag sind durchaus erwünscht.
Erfolgreiche Pressearbeit beruht im Wesentlichen auf einer präzisen, zielgerichteten Ansprache und einer guten Vorbereitung. Journalisten haben immer weniger Zeit, daher sind gut aufbereitete, substanzielle Informationen, die leicht zugänglich sind, der Schlüssel, um in den Medien Gehör zu finden. PR-Profis können durch eine angepasste Kommunikation und schnelle Reaktionen eine starke Partnerschaft mit Redaktionen aufbauen und so die Chance auf Veröffentlichungen deutlich erhöhen.
Über 500 Teilnehmer waren hocherfreut über die seltene Gelegenheit, diesen Wegweiser von einer Redakteurin aus der Praxis zu erhalten. Andrea Rosenthal wiederum freute sich über die große Resonanz, weil sie sich davon spürbare Arbeitserleichterungen für sich und ihre Kollegen verspricht.
Vielen Dank für Ihr Engagement, liebe Frau Rosenthal!
