Von Print zu Digital -

Transformation und Zukunft der Tageszeitungen

Nachbericht zum Convento PR-Impuls mit Philipp Dudek am 14. und 15. Februar 2024

von | 26. Februar 2024 | PR-KnowHow

Philipp Dudek
die Sinus-Milieus

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Gestiegene Produktions- und Vertriebskosten, eine überalterte Leserschaft und zögerliche Digitalisierung: Gedruckte Tageszeitungen werden derzeit im Rekordtempo unwirtschaftlich. Bei diesem Convento PR-Impuls sprach der Journalist und Medienberater Philipp Dudek darüber, vor welchen Herausforderungen Zeitungshäuser jetzt stehen, warum die digitale Transformation vielerorts stockt und wie dies die PR-Branche beeinflusst.

Philipp Dudek zeichnet für Zeitungsverlage ein düsteres Bild, auch wenn er betont, die Lage “da draußen” sei heterogen und nicht über einen Kamm zu scheren. Doch der Trend ist eindeutig: Tageszeitungen verzeichnen derzeit Abo-Rückgänge von bis zu minus 10 Prozent, teilweise sogar mehr. Die Werbebudgets der großen überregionalen Kunden wandern zu Plattformen und überregionalen Anbietern ab. Dazu kommen stark steigende Kosten für Material, Produktion und Vertrieb. Vereinzelt haben Verlage die Print-Zustellung bereits eingestellt. Rund 40 Prozent der Print-Abos stehen gemäß der Unternehmensberatung Schickler in den kommenden fünf Jahren im Risiko. Schaut man sich die Altersstruktur der Abonnenten an, wird schnell klar, warum Print “im Sterben liegt”: 40 Prozent der Leserschaft sind älter als 75, und je jünger die Bevölkerung, desto weniger print-affin ist sie. In der Folge ergibt sich eine Abwärtsspirale: Aufgrund der hohen Kosten werden Abos teurer bei kleinerem Zeitungs-Umfang. Das führt zu unzufriedenen Kunden und Kündigungen.Geringere Stückzahlen wiederum steigern die Zustellungskosten.Verlage versuchen Kunden von Print auf E-Paper umzustellen. Das wiederum macht viele Kunden noch unzufriedener, was zu weiteren Kündigungen führt usw.

Zeitungshäuser stehen also vor der Herausforderung, Bestandskunden so lange wie möglich zu halten (Exnovation), gleichzeitig aber mit neuen Ideen Neukunden zu gewinnen (Innovation). Einige versuchen mit neuen Produkten und -Erweiterungen, Abo-Kampagnen und Angeboten, einer Wandlung von Print zu Digital und Preissteigerungen ein Feuerwerk von wenig abgestimmten Maßnahmen, um der Abwärtsspirale entgegenzuwirken. Aus Sicht von Philipp Dudek zäumen sie so aber blind das Pferd von hinten auf. Er plädiert für eine strukturierte Herangehensweise und grundsätzliche Überlegungen vor dem Aktionismus: Ein gutes Produkt befriedigt Bedürfnisse. Aber wer sind die Nutzer überhaupt und welche Bedürfnisse haben sie? Verlage sollten zunächst ihre Zielgruppen kennenlernen, Produkt-Optionen ausloten und dann eine Strategie entwickeln.

Basierend auf den aktuellen Sinus-Milieus zeigte Dudek ein Diagramm der Bevölkerungsgruppen orientiert an der sozialen Lage (Unter- , Mittel- und Oberschicht) sowie ihrer Grundorientierung (von traditionell über modern bis neuorientiert). Demnach sind Leser von gedruckten Lokal- und Regionalzeitungen heute vor allem im traditionellen bzw. nostalgisch-bürgerlichen Milieu der Mittelschicht zu finden. Wer sind diese Nutzer und warum lesen sie Print? Wie kann man sie halten? Kann es gelingen, ihre Bedürfnisse auch mit einem Digitalprodukt zu befriedigen und wie müsste das aussehen? Was bedeutet das für die redaktionelle Arbeit?

Aufgrund der Bevölkerungsstruktur sei für ein Überleben der Verlage Innovation und eine Orientierung an neuen Milieus aber mindesten genauso wichtig. Da sind zu einen die Leitmilieus. Dazu gehören das konservativ-gehobene, das postmaterielle und das Performer-Milieu der Oberschicht. Zum anderen sind die expeditiven und neo-ökologischen Zukunftsmilieus wichtig. Worüber wollen sich diese potenziellen Nutzer informieren? Brauche ich für sie neue Produkte oder reicht eine Anpassung? Ist meine Marke dort bekannt und wofür steht sie? Brauche ich eine neue und wie ist die Zahlungsbereitschaft?

Philipp Dudek hält die nächsten fünf bis zehn Jahre für viele Zeitungsverlage für entscheidend. Ein Konsolidierungs- und Konzentrationsprozess sei im Gange, einzelne Print-Titel werden bereits nicht mehr zugestellt. Jedes Medium muss unter die Lupe: In welcher Phase befindet es sich und wie verändern sich die Zielgruppen? Welches Informationsbedürfnis haben diese? Wie schaffen die Botschaften des Mediums für die Zielgruppen Relevanz und Mehrwert?

Abschließend brachte Dudek Beispiele für mögliche oder sich bereits entwickelnde Szenarien: Neue Kanäle entwicklen sich, die auf User Needs ausgerichtet sind, beispielsweise 5 Uhr- Morgen-Newsletter für Pendler, Whats-App-Newsletter, Graswurzel-Journalismus (Bezeichnung für partizipativen Journalismus, bei dem die Gesellschaft innerhalb der klassischen Medien oder durch eigene Medien am gesellschaftlichen Diskurs teilnimmt) oder Verticals (Veröffentlichungen, deren redaktioneller Inhalt sich auf die besonderen Interessen einer bestimmten Branche, eines bestimmten Berufs oder Handels bezieht, aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung starke Ähnlichkeit mit Fachzeitschriften).

Vielen Dank für diesen spannenden, wenn auch ernüchternden Blick “auf die andere Seite des Schreibtischs”. Für PR-Professionals bedeutet dies, wachsam zu sein, den Medienmarkt, die digitale Entwicklung und die wachsende Zahl von Kanälen und journalistischen Produkten im Auge zu haben, um weiterhin die richtigen Kontakte zu finden, die das Sprachrohr für die eigene Zielgruppe sind.

Über Philipp Dudek
Philipp Dudek hat viele Jahre als leitender Redakteur gearbeitet und von 2018 bis 2023 im Innovationsteam des großen Zeitungshauses NOZ/mh:n Medien („Neue Osnabrücker Zeitung”, „Flensburger Tageblatt” u.a.) journalistische Digital-Produkte entwickelt. 2023 gründete er mit Jan Weiß “Im Kontext”. https://www.linkedin.com/in/philipp-dudek

Die kleine Beratungsagentur “Im Kontext” hat sich auf Digitalisierung und Profitabilität im Journalismus und der Kommunikationsbranche spezialisiert. Das Unternehmen bietet Dienstleistungen wie Zielgruppenanalysen, Produktentwicklung, Coaching und Projektmanagement an und richtet sich hauptsächlich an Medienunternehmen und KMU, die Unterstützung in der digitalen Transformation suchen.

 

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